Der kleine Mann im Kopf

Schlechtes Gewissen - Kais Kolumne

Jeder kennt es: Das schlechte Gewissen. Das Gefühl, dass man einen kleinen Mann im Kopf hat, der einem sagt das man ein ganz schlechter Mensch ist. In schlimmeren Fällen tritt der kleine Mann einem dabei fest in den Bauch, so dass sich der Magen zusammenkrampft. Heute morgen hat der kleine Mann zugeschlagen und auch jetzt sitzt er quasi neben mir.

Der Hintergrund

Ich gehe – wie aus vorangegangen Berichten ersichtlich – gerne mal bei REAL einkaufen. Der Supermarkt hat stolze 11 Kassen, wovon selten mehr als vier gleichzeitig besetzt sind. Als Stammkunde kennt man die Qualitäten der Kassierer/innen und wählt die Schlange entsprechend aus. Seit einigen Wochen arbeitet dort eine Neue. Anfang 50. Bei meinem ersten Einkauf hat Sie geschlagene 19 mal versucht einen Artikel einzugeben, der falsch ausgezeichnet war. Die längsten sieben Minuten meines Lebens. Beim zweiten Versuch hat sie bei zwei Einkäufern vor mir Dinge falsch oder doppelt gescannt und musste die Oberaufseherin zwecks Storno antanzen lassen. Auch der dritte Versuch – ihr seht, ich gebe viele Chancen, endete in einer Kassenschlangen-Odyssee durch Fehler ihrerseits.

Mein Gedanke: Pfeife. Klare Berufsverfehlung. Von nun an ging ich nicht mehr an die Kasse, an der die Dame Dienst schob. Ich habe mir nur gedacht: „Wann schmeißen die die eigentlich raus – die baut nur Scheiße“. Das dachte ich mir jedes Mal wenn ich sie gesehen habe. Ihr nervöser, gezwungen freundlicher Blick strahlte zusätzlich ein Höhstmaß an Unsicherheit aus, was für mich die Inkompetenz noch zusätzlich unterstrich.

Heute morgen hielt ich auf dem Weg zur Arbeit kurz beim Bäcker. Da ich wie immer unentschlossen war, drehte ich mich halb nach hinten um der Kundin hinter mir den Vortritt zu gewähren. Sie entgegnete mir mit „Nein, vielen Dank, ich habe hier ein Vorstellungsgespräch“. Die Kassiererin. Der gezwungen freundliche Blick war weg. Die Nervösität war noch da, aber sie sah auch extrem abgekämpft aus. Nahezu niedergeschlagen und traurig.

Da war er, der Tritt des kleinen Mannes.
Die Moral der Geschichte, wenn man so will: Bevor man jemanden etwas schlechtes wünscht, so unbedacht und nebensächlich das auch getan wird, sollte man 10 Sekunden darüber nachdenken in welcher Situation der Mensch wohl stecken mag. Vielleicht ist man dann tatsächlich milder gestimmt und rücksichtsvoller.

Ich für meinen Teil werde es mir hinter die Ohren schreiben.

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