Die Maske, die elfte biblische Plage

2020 hat uns alle tief in die Knie gezwungen, tiefer ist nur das Niveau dieser Kolumne. Da ich es mir zur Aufgabe gemacht habe stets sinn- und schambefreit über die kleinen Aufreger des Alltags zu berichten, sah ich mich gezwungen die Kolumne auszusetzen – es gab schlichtweg keine „kleinen“ Aufreger mehr seit Corona nicht mehr nur an spanischen Strandbars in aller Deutschen Munde war.  Es fühlte sich falsch an über Banalitäten zu schreiben. Die Freude sich Sintflutartig über ein Thema auszukotzen und verbal auf etwas einzudreschen blieb einfach aus.  Jetzt, im 46ten Lockdown, breche ich mein Schweigen. Corona ist Alltag und es gibt Sie wieder…die kleinen Aufreger. Fiese kleine Arschlöcher, die mich piesacken und mir ins Ohr flüstern: „Na, nervt es dich? Dann schreib‘ doch was dazu, elender Wurm!“

Zeit habe ich ja. Da aktuell nur Bürger mit den Anfangsbuchstaben H bis P im Nachnamen vor die Tür dürfen (sofern Sie Blutgruppe 0 positiv haben, über 52,3 kg wiegen und einen Abschluss in „Singen und Klatschen“ vorweisen können) bin ich viel zuhause. Beim „Singen und Klatschen“ habe ich oft gefehlt und der Lehrer mochte mich auch nicht. Wie viele Andere habe ich das Spazierengehen für mich entdeckt. Stumpf und orientierungslos rumlaufen kannte ich bisher nur im Zeitraum von Samstag auf Sonntag, zwischen 2 und 6 Uhr. Kenne jetzt auch die Nachbarn, scheinen nett zu sein.  Wenn man also maximal mit atmen beschäftigt ist, fallen einem manche Dinge einfach schneller auf.

Die Maske, der Kippenstummel 2021

Vorneweg die neue Seuche, die uns heimsucht. Die Plage, die Vorgärten, Wälder und ganze Straßenzüge bevölkert. Die Masken. Ich meine, es ist ja klar, dass auf Grund der Nutzung als Alltagsgegenstand die fiesen Lappen präsenter sind als vor der Pandemie. Noch vor etwas mehr als einem Jahr hätte man sich beim Anblick einer OP-Maske im Vorgarten gefragt ob hier spontan ein angeschossenes Tier operiert wurde oder ob der Hausbewohner einen fragwürden Fetisch verfolgt. Jetzt ist man daran gewöhnt. Man hat das Gefühl als würden sich benutzte Masken unkontrolliert in freier Wildbahn vermehren und Ihren Bau bevorzugt in Hecken oder an Bordsteinen errichten. Wenn man bedenkt, das so eine Maske oft über Stunden mit fiesem Mundstuhl eingeweicht wurde, empfinde ich beim Anblick nicht selten einen bemerkenswerten Brechreiz. Das ist fast Ekel-Oberliga, kurz hinter benutzer Slipeinlage oder Sackhaar auf der Klobrille. Es mag sein das so eine Maske unter der Last von verfaulter Atemluft irgendwann den Freitod wählt und einfach abfällt, aber selbst dann sollte es möglich sein das arme Ding aufzuheben und gebührend im Mülleimer zu beerdigen. Die Maske, der Kippenstummel des Jahres 2021.

Noch geiler finde ich die Leute, die sich das keimversiffte Ding dekorativ an den Rückspiegel des Autos hängen. Was will uns der Fahrer damit sagen? „Schaut und preiset mich, ich habe eine Maske erlegt“, oder „Ja, ich benutze die Maske bis sich die Bazillen mit Vornamen vorstellen“. Besonders schön ist es, wenn man zu so einem Jäger und Sammler ins Auto steigt. Dann hängen da drei OP-Masken, schön drapiert, in der Ventilationszone der Lüftung, so dass auch die hinten Sitzenden was davon haben. Wer was auf sich hält, hat noch eine um den Schaltknüppel gebunden, so hat man dann auch die Chance sich haptisch einen einzufangen – wenn, dann auch richtig! Irgendwie habe ich nach dem Aussteigen das Verlangen meine Sachen zu verbrennen und in einer Wanne voll Essig zu baden.  Eine Sache möchte ich direkt im Keim ersticken (Bämm, 10er in die Wortspielkasse): Ich bin KEIN Maskengegner. Im Gegenteil, ich halte das Tragen von Masken für einen bedeutenden Bestandteil im Kampf gegen COVID-19.

Ich bin nur heilfroh das wir keine Tampons gegen das Virus tragen müssen. Dann wäre es richtig bah.