Die sozialen Medien verfolgten mal das Ziel Menschen miteinander zu verknüpfen. Das hat einige Jahre sehr gut funktioniert. Der Untergang dieser Ideologie begann mit dem Zulassen von Seiten öffentlicher Institutionen, Unternehmen, Parteien und Vereinen. Facebook entwickelte daraufhin einen Algorithmus, der anhand der vermeidlichen Interessen den Newsfeed des Nutzers zusammenstellt. Wir wurden lenkbar. Parteien und Unternehmen machen sich das zur Nutze und streuen abertausende Seiten mit ausgewählter Berichterstattung um so Ihre selbstdefinierte Wahrheit zu verbreiten.
Ich bin müde
Ich habe viel Zeit darauf verwandt, die Quellen diverser Berichte zu prüfen. Gerne habe ich Leute, die ohne Bedacht solche Berichte teilen darauf aufmerksam gemacht das Sie aus einer unseriösen oder eindeutig politisch gesteuerten Quelle stammen. Es hat mich einfach aufgewühlt, dass Menschen mit denen ich in irgendeiner Form verbunden bin – ausgehend davon das jeder in der Freundesliste zumindest ein Bekannter ist – ohne Verstand Dinge teilen und damit Hass und Gewalt schüren. Tatsächlich stelle ich heute fest, dass ich dem überdrüssig bin, und es mich einfach nur noch müde macht.
Die letzten Jahre sind geprägt von der Flüchtlingsthematik, dem Rechtsruck in Europa, den Eskapaden minderbemittelter politischer Führer und Diktatoren. Man kann sich dem einfach nicht entziehen, da alle Medienformate daran zehren und uns täglich damit zuschmeißen, so dass man zwangsläufig anfängt zu hassen, zu verzweifeln, Stellung zu beziehen auch wenn man es nie wollte.
Mein Tag ist jetzt gerade mal drei Stunden alt und mein maximales Aufnahmevermögen von Negativität ist erreicht. Gebetsmühlenartig wiederholen sich die Posts mit Aussagen wie „Asylanten bekommen Wohnung, Obdachlose müssen auf der Straße leben“. Ich frage mich, wo diese Fürsorge war, als es noch keine Flüchtlingsproblematik gab. Diese Form von Scheinheiligkeit definiert doch das von rechts so oft kritisierte „Gutmenschentum“. Aber auch von links wird man attackiert, wenn man das Maß an der eigenen Solidarität in irgendeiner Form einschränkt und öffentlich Gewalttaten von Zugewanderten kritisiert. Man muss sich offenbar entscheiden. Selbst die Gedanken zu dem Thema strengen mich nur noch an. Man nimmt diese unbewusst mit. In den Job, nach Hause zum Treffen mit Freunden. Überall wird es zum Thema. Sagt man nichts, ist man ein Ignorant. Sagt man zu viel, bezieht man Stellung und wird in eine Schublade gesteckt.
Ein Statement
Auch wenn ich das hier gar nicht deutlich machen will, kann man sicher zwischen den Zeilen lesen, welche politische Richtung ich persönlich einschlage. Zum einen aus Überzeugung, zum anderen wegen der Penetranz mit der „politisch Motivierte“ die sozialen Medien fluten. Da werden unzählige fragwürdige Medien zitiert und ein Blog von Karl Arsch als seriöse Quelle angegeben – alle anderen seien ja nur Merkel-gesteuerte Medienkasper (Lügenpresse!). Einige in meiner Liste haben einfach kein anderes Thema mehr und posten ausnahmslos politische Meinung und Hetz-Berichte. Dabei spielen die Quellen keine Rolle mehr. Es scheint im Blut der Rechten zu liegen, anders orientierte überzeugen zu wollen. Die Überheblichkeit (die Wahrheit!) die dabei an den Tag gelegt wird, nimmt schon lächerliche Ausmaße an. Im Gegenzug glänzt Links mit mangelnden Themenbezug und scheint die Daseinsberechtigung nur darin zu sehen, die Rechte Gesinnung zu bekämpfen. Unter dem Deckmantel der Solidarität wird Gewalt ausgeübt – das ist genauso abstoßend wie der pauschale Hass gegen Ausländer.
Das Spiel habe ich eine Zeit lang gerne mitgespielt, wie oben bereits erwähnt. Aber ich bin zu dem Schluß gekommen, dass man grundsätzlich als verblendet und naiv betitelt wird, wenn man sich nicht klar für eine Seite ausspricht. Bis heute konnte mir niemand klar machen (weder Linke noch Rechte), auf welcher Basis er die Wahrheit zu kennen vermag. Bei Diskussionen werden wieder Medien zitiert und auf Berichte verwiesen, von beiden Seiten. Da wären wir wieder bei dem Ausgangsproblem. Der gesteuerte Newsfeed. Wir schlagen eine Richtung ein und werden bombadiert mit maßgeschneiderten Meldungen die uns nach dem Mund reden. Und damit erfreuen Viele dann ihr Umfeld.
Die Geschichte hat unzählige Male gezeigt, wohin pauschaler Hass gegen Rassen, Religionen oder anders Gesinnte führt. Dennoch scheint es so zu sein, dass der Mensch an sich einen Aggressor braucht, auf den er seine offenbar natürliche Aggression lenken kann. Dabei geben diese sich die Klinke in die Hand, jedes Jahrzehnt weist ein neues, großes Problem auf. Die Gefahr heute ist, dass viel mehr Menschen erreichbar sind. Die eigene Meinung wird nicht mehr aus persönlicher Erfahrung gebildet, sondern aus dem was wir aus den Medien mitnehmen.
Meine heile Welt
Mein Refugium ist mein Zuhause, meine Familie. Man mag sagen, ich stecke den Kopf in den Sand, aber genau das mache ich mir nun zur Nutze. Ich lege meine Waffen nieder und gebe den Kampf gegen Windmühlen auf, wenn man so will. Wenn andere auf Demos gegen rechts oder links gehen, gehe ich mit der Familie in den Zoo. Wenn andere schlecht geschriebene Hetz-News teilen, teile ich mein Lieblingsrezept von Chefkoch. Wer Hass und Gewalt verbreitet, unter dem Deckmantel informieren zu wollen, verfolgt lediglich das Ziel andere von seiner Meinung zu überzeugen. Da nehme ich mich nicht raus. Das habe ich für mich erkannt. Es mag naiv klingen, aber ich glaube eine ordentliche Portion Banalität würde uns allen guttun. Kochrezepte, statt Hetznachrichten. Reiseberichte, statt Terrorismus. Inlandspolitik, statt reine „Flüchtlingspolitik“.
Zurück zur Banalität
Kaum zu glauben, aber es gab mal ein Deutschland, in dem der größte mediale Aufreger die Einführung fünfstelliger Postleitzahlen war. Wäre schon da wieder hin zu kommen.
Das war auch mein letzter Blog zum Thema, ein letztes ernstes Wort. Die Tage wurde mir noch gesagt, wie sehr man über meine Blog-Beiträge lachen kann und ich wurde gebeten „mehr davon“ zu liefern.
Die Rubrik „Politik“ werde ich noch heute löschen.
Das ist MEIN Beitrag zur Banalität.