Mission Impossible: Kindergarten

Kindergarten - Mission Impossible - Kais Kolumne

Das Thema Kindergarten ist bei uns gerade brandheiß. Mit „bei uns“ meine ich meine Familie, aber auch die der meisten Freunde und Bekannten. Wir haben cliquenintern das Phänomen, dass fast alle im Laufe von zwei Jahren Eltern geworden sind. Da lag wohl was Spezielles in der Luft. Vermutlich Alkohol.

Heutzutage schickt man ein Kind nicht einfach in den Kindergarten. Man plant zunächst ein Kommandounternehmen, am besten unmittelbar nach erfolgreichem Zeugungsakt. Sobald der Erbberechtigte sauber abgenabelt wurde, sollte man die hiesigen Spielvollzugsanstalten über den potentiellen Neuzugang informieren. Dazu loggt man sich auf einer speziellen Webseite ein und wählt drei Favoriten aus. Da man verpflichtet ist sich die Kindergärten anzuschauen um in den Recall für eine Aufnahme zu kommen, werden direkt Termine mit den Anstaltsleiterinnen vereinbart.

Wir haben uns für drei potentielle Abgabestellen entschieden. Die Castings wurden in einen Zeitraum von etwa 3 Wochen gesetzt, mitten am Tag, sehr arbeitnehmerfreundlich. Aber gut, was tut man nicht alles. Los geht’s

Kandidat 1

Wir werden von einer freundlichen Windelhüterin an die Chefin verwiesen, die uns nicht weniger freundlich begrüßt. Dafür das die Gute gerade mindestens 7 Stunden schreiende Kinder um sich hatte, wirkt sie außergewöhnlich gut gelaunt. Meinen Respekt dafür, mir läuft an machen Tagen schon Blut aus den Ohren wenn allein meine Kleine auf Vollgas dreht. Mir fällt auf, dass die Frau ohne Leiter aus der Dachrinne saufen kann – sie hat also einen guten Überblick und ich gleich ne Nackenstarre. Nach einer ausführlichen Besichtigung der Location und einem netten Gespräch war der Termin auch durch. Meine Tochter hat ihr charmantestes, zahnloses Lächeln aufgesetzt und mir während des Termins zufrieden auf die Schulter gesabbert. Wir werten das erstmal positiv.

Kandidat 2

Diese Mal werden wir von Frau Chief Justice an der Tür begrüßt und ins Büro geleitet. Nach einem kurzen Briefing und der Abgabe persönlicher Daten starten wir den Besichtigungsrundgang. Im Grunde genommen ähnelt hier Vieles dem ersten Kandidaten. Wir werden an ein Fenster geführt, um uns die Außenanlagen anzuschauen. Uns wird erklärt, dass bewusst auf Schaukeln und Rutschen verzichtet wird. Stattdessen gibt es einen Reifengarten. WTF? Ich blende die Erläuterung des  dahintersteckenden Prinzip aus und lasse währenddessen ein kleines Äffchen in meinem Kopf ne Runde schaukeln. Lustig kleines Äffchen. Langweilige Kackreifen.

Kandidat 3

Mein Hoffnungsträger. Nachdem wir erfolgreich von einer gerade eingetroffenen Mutter eingeschleust werden, steht auch schon die Leiterin des Kindergartens vor uns. Ich bekomme einen Harry Potter Flash. Kleidungsstil, Körperhaltung und Gesamtoptik erinnern stark an Dolores Umbridge. In der „Verteidigung gegen die dunklen Künste“ hat der Laden schon mal eine Referenz. Gnihihi…“Dunkle Künste“, eine witzige Bezeichnung für übel riechende Windelfüllungen. Ich grinse dümmlich vor mich hin. Sie stellte sich vor, aber der Zug war abgefahren, für mich hieß sie ab sofort Mrs. Umbridge. Ähnlich sympathisch wie der Harry Potter Charakter verläuft auch das Interview. Mit strengem Unterton werden wir nach Motiven, Adresse und Konfession gefragt. Nach einer zackig kurzen Begehung der Kammer des Schreckens ist der Spießroutenlauf auch beendet.

Unterm Strich muss ich sagen, dass sich die Besichtigungen doch gelohnt haben. Schließlich will wohl überlegt sein, wem man seinen Hosenscheißer stundenweise anvertrauen will. Wer unser Favorit ist, lässt sich sicher ablesen.

Reifen gehören an Autos, Harry Potter in Bücher.