Was hatten wir ein schönes Wetter am Wochenende. So schön, dass wir am Sonntag das traditionelle Rumkadavern auf der Couch unterbrochen haben, um familienmäßig etwas zu unternehmen. Die Wahl fiel auf das Gelderner Stadtfest. 30 Minuten später sind wir auch schon da. Normalerweise ist es einfacher eine Privataudienz beim Papst zu bekommen als eine halbwegs legale Parkmöglichkeit im Dorf, aber dieses Mal hatten wir Glück. Mit etwas Ignoranz gegenüber Verkehrs- und Parkregeln fanden wir schnell vier formschöne Quadratmeter zum abstellen des Autos.
Ein wenig Vorfreude macht sich breit, da ich ein großer Fan von Flohmärkten bin. DVD-Boxen von Zeichentrickserien aus den 80ern, alte Konsolen und Spiele, aber auch kultige Brettspiele zaubern mir ein grenzdebiles Lächeln ins Gesicht. Nichts ist schöner, als zwischen Omas Nachkriegskrempel und altem Schrott nach edlen Relikten meiner Kindheit zu buddeln. Gut, das Verlangen nach einer Dusche und akute Herpesgefahr sind oftmals dein Begleiter – (mir ist unklar wieso jemand versucht fiese, abgeranzte Badelatschen an den Mann zu bringen) – aber Spaß macht es trotzdem.
Handyhüllen und YOLO-Caps
Mit Gummihandschuhen in der Tasche und Frohsinn im Geiste biegen wir auf Straße des Geschehens, wo auch gleich die ersten Buden stehen.
Ein Handyhüllendealer.
Daneben steht ein Händler für Handyhüllen. Gefolgt von einem Stand, bei dem Handyhüllen verkauft werden. Und YOLO-Caps. Gut, ein paar Kommerzielle gehören einfach dazu. Der Geruch von asiatischem Plastik-Weichmachern umhüllt die Stände. Ist wohl ein lohnendes Geschäft. Der Einkaufswert der gesamten Auslage dürfte mit dem Verkauf von drei iPhone Glitzerhüllen wieder drin sein.
Es folgt ein Klamottenstand. So viele Neonfarben habe ich das letzte mal in der Fernsehwerbung für Cindy Crawfords Fitnessvideo gesehen. Anfang der 90er. Mein Körper löst eine Abwehrreaktion aus in Form einer spontanen Hornhautverkrümmung und akutem Brechreiz. Schnell greife ich an den Ständer mit den YOLO Mützen, kann mich aber in letzter Sekunde doch noch beherrschen. Nach weiteren Ständen mit Handyzubehör aus taiwanesischer Kinderhandarbeit macht sich langsam Ernüchterung breit.
Nüchtern sind wir auch essentechnisch. Das grundsolide Standard-Angebot an Durchfallbeschleunigern bietet diverse Grillbuden, den Pommeswagen mit belgischen Fritten, China-Nudeln, Crepes und Churros. Da wir weder die Magnumflasche Maloxan noch sonstige Erste-Hilfe-Mittel dabei haben, entscheiden wir uns für die Pommes. Kann man nicht viel falsch machen.
Froschledergürtel und der Vorwerk-Mann
Weiter geht’s, vorbei an Ständen mit Gürteln und Taschen aus echtem Froschleder, Asia-Elektronik-Händlern mit lästig kleffenden Mini-Robo-Kötern und natürlich weiteren Handyhüllenhändlern. Einer darf natürlich nicht fehlen. Das Urgestein der Flohmarkt-Stände. Der Vorwerk-Staubsauger-Mann. Wenn irgendwann mal der dritte Weltkrieg ausbricht und die atomare Verstrahlung die halbe Menschheit ausgelöscht hat, wird’s ihn noch geben. Ihn, und die Staubsauger, die seit den 70ern das gleiche Design haben. Dazu sind die fiesen Teppichlutscher extrem teuer. Für das Geld kann ich jemanden anstellen der die Flusen mit der Pinzette aufsammelt. Weiter geht’s.
Um einen Stand hat sich eine Menschentraube gebildet, fest verkettet durch Gehhilfen, Rollatoren und Regenschirmen. Ein aufgeregter Mann mit Mikrofon führt die Funktionsweise eines revolutionären Mikorfasertuchs vor. Die weißköpfigen Groupies hängen an seinen Lippen, wir quetschen uns klammheimlich vorbei.
Endlich erreichen wir den kleinen Bereich mit klassischem Trödel. Ich werde direkt fündig und bin nun stolzer Besitzer der ersten Staffel der Feuersteins und einer Transformers-DVD-Box. Gut investierte 10 Euro. Dafür hat sich der Besuch letztendlich doch gelohnt.
Fazit
Es ist Schade, dass es immer weniger klassische Flohmärkte gibt, bei denen man einfach alten Kram kaufen und verkaufen kann. Offenbar legen die Veranstalter immer weniger Wert darauf was verkauft wird, Hauptsache die Stellplätze werden gemietet und die Kohle kommt rein. Anders kann ich mir nicht erklären, wieso man hier mehr Handyhüllen findet, als Menschen in einem chinesischen Wellenbad im Hochsommer.
Anbei ein Video des jährlichen Sommerfestes der Handyhüllen-Händler